Das Periodengedicht: das Gewöhnliche und Außergewöhnliche

Das Periodengedicht von Dominique Christina ist ein Meisterwerk. Sie schrieb es für ihre Tochter als Antwort auf den Tweet einer Person, die sich vor der Idee der Menstruation ekelte. Es ist ein Beispiel für gesprochene Poesie, die fantastisch ist, wenn man sie laut vorliest. Das Gedicht ist ein unverblümter Ausdruck rechtschaffener Wut über das Stigma der Menstruaion in der Welt, aus der Perspektive einer Mutter. Aber es ist auch eine wunderschön formulierte und durchdachte Feier der Menstruation, ein Liebesbrief an ihre Bedeutung und die Stärke der menstruierenden Menschen. Das Zuhören ist eine intensiv bestätigende Erfahrung, von den spektakulären Bildern bis hin zum leisen Murren über reale, bodenständige Frustrationen, mit denen viele Menstruierende sympathisieren werden. Christinas Gedicht macht die Menstruation nicht nur zu etwas, das geliebt werden kann, zu etwas Schönem – es macht sie zu etwas Spirituellem, Mächtigem und Starkem.

Die Anatomie im Periodengedichts

Christinas Worte sind immer in der Realität verankert. In dem Periodengedicht erforscht sie die Anatomie der Periode in ihren Worten, aber auf eine unglaubliche Art und Weise. Jede wissenschaftliche Tatsache, die sie präsentiert, wird in etwas Schönes gesponnen. Etwas, das größer zu sein scheint, als der Akt der Menstruation tatsächlich ist.

„Frauen haben Vaginas, die miteinander sprechen können, und damit meine ich, dass sich unsere Menstruationszyklen tatsächlich synchronisieren, wenn wir mit unseren Freund:innen, unseren Schwestern oder unseren Müttern zusammen sind. Mein eigener Gebärmutterhals ist wahnsinnig einflussreich, jeder, den ich liebe, weiß, wie sie mit mir bluten können.„

Die Menstruation kann chaotisch und sehr schmerzhaft sein, aber sie ist ein Teil des Lebens! Und Christina versucht, das Positive darin zu sehen. Positives wie eine Verbindung zwischen ihr und anderen Menstruierenden, die Notwendigkeit dieses biologischen Prozesses für das weitere Leben – all das drückt sie wunderbar aus. Man kann sagen, dass die Menstruation für die Fortpflanzung notwendig ist, oder man kann sagen: „Als deine Mutter dich trug, war es der Ozean in ihrem Bauch, der dich schwimmfähig machte, der dich möglich machte.“ Eines von beiden ist sicherlich wirkungsvoller.

Blut, Liebe und Kultur

Die Biologie der Menstruation ist die Grundlage, aber die Poesie ist die Schönheit, die sie ummantelt – und die Aussagen, die sie macht, sind wunderbar. Viele literarische Texte sind voll von Bildern über Blut, Zyklen, Regeneration und Heilung. Christina ist nicht die erste, die diese Themen mit der Menstruation in Verbindung bringt, um die Periode zu feiern, aber sie tut es auf eine wunderbare Weise. „Blut ist die größte Sirene, und wir wissen, dass sich Blut daneben benimmt“ – unsere Kultur stürzt sich auf Metaphern von Familienlinien, Krieger:innen, Erbschaft und vielen anderen Bildern, die Blut hervorruft.

„Etymologisch gesehen bedeutet „segnen“, „bluten lassen“ … Mit anderen Worten: Blut spricht, das ist die Botschaft.“

Diesen reichen Fundus an gemeinsamen Bildern und Assoziationen, aus dem Christina schöpft, nutzt sie mit großer Wirkung. Ich war beim ersten Anhören des Gedichtes sehr emotional. Die Menstruation ist, wie ich immer wieder betonen werde, etwas Natürliches und Alltägliches. Aber man kann durch Sprache und Motive leicht Verbindungen zu viel größeren Themen in den Geschichten ziehen, die wir uns selbst erzählen, und wenn Christina das tut, dann bestätigt sie nicht nur unsere Erfahrungen. Sondern sie macht uns im Periodengedicht zu den Held:innen unserer eigenen Geschichte.

„Und wenn du immer wieder mit Blut umgehst, wie wir es tun, wenn es immer wieder zu dir zurückkehrt, nun, dann macht dich das zu einer/m Krieger:in.“

Das Periodengedicht … und das Periodenleben

Aber der Hauptgrund, warum das Periodengedicht so hart trifft, ist, dass es wahr ist. Keiner der Fakten, die Christina verwendet, ist falsch; jeder ist nachvollziehbar … und daher ist auch keiner leicht von der Hand zu weisen.

Die Dichterin hat ihre Periode. Die meisten der Zuhörer:innen haben ihre Periode. Und diejenigen, die sie hatten, kennen wahrscheinlich ein oder zwei Geschichten über eine kleine Katastrophe, als sie unerwartet bluteten. Blut „unterbricht unsere weißen Lieblingsröcke und taucht unangekündigt bei Dinnerpartys auf, Blut tut das.“ Das tut es. So ist das Leben, und so ist das Leben mit der Menstruation. Das ist unbestreitbar wahr.

Aber das Periodengedicht beklagt es nicht. Sie ist lästig – zweifellos! Aber nicht etwas, worüber man angewidert den Kopf schütteln sollte. Es ist etwas, das passiert, etwas mit einer langen Geschichte und einer reichen Verbindung zu Poesie, Kunst und anderen Formen des Geschichtenerzählens. Wir erzählen epische Geschichten über das Blut von Schlachten und Gewalt; dies ist die epische Geschichte vom Blut der Regeneration und des neuen Wachstums. Die Menstruation ist das Blut, das so alt ist wie die Zeit.

Also, „Blute einfach trotzdem, verschütte deine unmögliche Schrift über die guten Möbel.“

Was das Periodengedicht bedeutet

Das Periodengedicht ist atemberaubend. Christinas Sprache ist sehr reichhaltig, ihr Vortrag ist hervorragend, und jedes Mal, wenn ich das Gedicht anhöre, muss ich laut aufkeuchen und grinsen. An unseren Körpern ist alles gewöhnlich, aber das heißt nicht, dass es nichts Außergewöhnliches gibt, und das kommt in diesem Gedicht zum Ausdruck. Es ist eine Ballade auf die lange Tradition der Menstruation, welche die einfachen Tatsachen über menstruierende Körper feiert und sie zu etwas Erstaunlichem aufbauscht. In diesem Gedicht gibt es keine Scham – nur Stolz.

Es ist eine wunderbare Sache für alle, die es hören wollen, unabhängig von deren Alter oder deren Überzeugungen über ihren Körper. Seine klare Botschaft ist ebenso kühn und brillant wie einfach: Wir müssen diese Scham über die Periode ablegen! Selbst wenn man die Menstruation nicht feiern kann oder sich dabei nicht wohl fühlt, gibt es keinen Grund, sie zu verachten. Sie ist nicht eklig. Sondern sie ist alltäglich und spirituell. Aber ob es sich nun um eine Unannehmlichkeit handelt oder um etwas, das mächtiger ist, als wir es verstehen können, so gehört es doch noch immer zu uns.

Und es gibt da draußen noch so viel mehr Kunst und Poesie über die Periode! Hier ist ein kleines Gedichte-Mixtape (auf englisch)!

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Dezember 29, 2021
Ailsa wohnt in England und studiert Geschichte und Politik in Schottland. Sie verbringt ihre Zeit gerne mit Schreiben, Tagträumen und Gedanken über die Zukunft – insbesondere über Frauen und LGBT-Menschen in allen drei.

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