Die Tabuisierung der Menstruation – Eine lange Geschichte …

Die Periode ist noch auf der ganzen Welt ein tabuisiertes Thema. Doch warum gibt es eigentlich eine Tabuisierung der Menstruation? Wie hat das angefangen? Und was können wir dagegen – also für eine Normalisierung der Periode – tun? Sophia hat sich mit der Herkunft des Tabus beschäftigt und die Ursprünge in Religionen, Hexenverbrennungen und patriarchalen Ärzten gefunden:

Tabuisierung der Menstruation – Woher kommt das Wort Tabu?

Eigentlich kommt das Wort Tabu aus Polynesien und setzt sich aus den Wörtern „ta“ und „bu“ zusammen. „Ta“ bedeutet so viel wie etwas markieren/kennzeichnen. „Bu“ hingegen steht für die Intensität. Allgemein bedeutet das Wort „Tabu“ also übersetzt: „gründlich bzw. intensiv markiert“. Im Grunde ist die Markierung hierbei weder positiv noch negativ konnotiert. 

Genauso könnte man über die Menstruation sprechen. Schon immer wurde diese „gründlich markiert“. Doch wieso ist sie in unserer Gesellschaft so negativ markiert? Wie hat sich dieses Tabu entwickelt? Unsere Gesellschaft ist im historischen Sinne durchzogen von patriarchalen Strukturen, welche die biologisch weiblichen Körperprozesse im negativen Sinne tabuisieren. Einen erheblichen Teil zur Tabuisierung der Menstruation haben auch die alten Weltreligionen wie das Juden- und Christentum dazu beigetragen: 

Patriarchale Religionen und ihr Zutun zur Tabuisierung der Menstruation

Eigentlich sollte man meinen, dass Blut als Substanz in vielen Religionen als „reinigend“ angesehen wird. Blutopfer reinigten die Sünden, Blutopfer wurden den Göttern als Geschenke geopfert. Das Blut der Frauen jedoch, wurde mit genau dem Gegenteil gekennzeichnet. Bis heute spricht man im Christentum von der „Jungfrau“ Maria und ihrer „unbefleckten“ Empfängnis. Jegliche weibliche Sexualität wird im Christentum als „befleckt“ und „unrein“ angesehen. Das gilt auch für die biologisch weiblichen Körperprozesse wie die Geburt, den Eisprung und die Menstruation. Letzere wird in der Bibel als „Fluch“ angesehen, der allen Frauen als Strafe für Evas sexueller Verführung auferlegt worden ist. 

So ist im Alten Testament geschrieben: „Wenn eine Frau ihren Blutfluß hat, so soll sie sieben Tage für unrein gelten. Wer sie anrührt, der wird unrein bis zum Abend. Und alles, worauf sie liegt, solange sie ihre zeit hat, wird unrein, und alles, worauf sie sitzt, wird unrein“ (Mose 15 19-20).

Die religiöse Tabuisierung der Menstruation geht so weit, dass es im orthodoxen Judentum Frauen verboten ist, während ihrer Periode Sex zu haben. Auch in den darauffolgenden  sechs Tagen gelten sie noch als „unrein“.

 

Die Tabuisierung der Menstruation durch die Aufklärung und die Abwendung des Menschen vom Körper 

Zu Zeiten der Aufklärung und des Aufkommens des Kapitalismus veränderte sich die Art der Tabuisierung der Menstruation. Auch bereits vor dem industriellen Zeitalter wurde die Periode als giftig, bedrohlich und unrein angesehen, jedoch wurde zu dieser Zeit noch von einer mächtigen Kraft der Menstruierenden ausgegangen, die sowohl gefürchtet als auch geachtet worden ist. Das Menstruationsblut wurde unter anderem als Liebestrank verwendet, zudem aber auch genutzt, um jemandem ein gewünschtes Leid zuzufügen. 

In den frühen Anfängen der Industrialisierung wandelte sich dies jedoch und der biologisch weibliche Körper wurde auf das Häusliche reduziert und seine potenzielle Reproduktionsfähigkeit in den Fokus gerückt. Ab diesem Zeitpunkt galt die Menstruation als Zeichen der gescheiterten Befruchtung und wurde deshalb als negativ und nutzlos angesehen. Jegliche Bedeutung wurde ihr abgeschrieben und sie wurde als „bloßer Ausscheidungsprozess“ deklariert. Ausscheidungsprozesse sind in unserer Gesellschaft mit „Ekel, Scham, Gestank“ assoziiert. Die Form der Tabuisierung der Menstruation hatte sich also verändert. Menstruierenden wurde beigebracht sich für ihren Körper zu schämen. Sie sollten ihre Menstruation ignorieren, da diese zu nichts nutzen würde und außerdem noch etwas „ekliges“ und „unangenehmes“ sei. 

Bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts war die Menstruation auch das Hauptargument gegen die höhere Bildung für Frauen, da man(n) davon ausging, dass geistige Arbeit für den „weiblichen Organismus“ schädlich sei und das „weibliche Gehirn“ beim Lernen zu viel Energie und Blut gebrauchen würde, welches eigentlich für den Vorgang der Menstruation benötigt werden würde. 

Die Unterwerfung des weiblichen Körpers – Verdrängung der Hebammen und der „weiblichen“ Medizin

Bis ins Mittelalter hinein wurde der Beruf der Heilerin und der Hebamme oft von Frauen ausgeübt. Viele Frauen verfügten über ein enormes Wissen über ihren Körper, die Menstruation, die Geburt und „Frauenleiden“, welches von Frau zu Frau weitergegeben wurde. 

Die Hexenprozesse im 17. Jahrhundert, die im Namen der patriarchalen katholischen Kirche tausende unschuldige Frauen und auch einige Männer grausam zum Tode verurteilten, denunzierten vor allem Frauen mit großem medizinischem Wissen. Somit konnten die Frauen langsam aus den Berufsfeldern verdrängt werden. Studierte Männer nahmen ihren Platz ein. Hebammen wurden als unkompetent erklärt und der männliche Gynäkologe trat an ihre Stelle …

Und so viel zu den schlauen männlichen Ärzten: 1919 beobachtete der wienerische Arzt Béla Schick, dass die Blumen, die seine Haushälterin während der Zeit ihrer Menstruation in eine Vase gestellt hatte, besonders schnell verwelken würden. Deshalb meinte er herausgefunden zu haben, dass Menstruationsblut eine giftige Substanz namens Menotoxin enthalten würde, dass auch über den Schweiß und das Blut der Frauen übertragbar sei. Erst 1958 wurden neue Studien dazu durchgeführt und natürlich kein giftiger Stoff in Menstruationsblut gefunden. Fast 40 Jahre lang, galt dies aber als „wissenschaftlich bewiesen“. 

Was können wir tun? 

Die Geschichte der Tabuisierung der Menstruation ist lang und grausam. Unsere Gesellschaft ist durchzogen von den roten Fäden der frauen*feindlichen und patriarchischen Strukturen, in der es für einen normalen und angenehmen Umgang mit der Menstruation keinen Platz zu geben scheint. Zu finden sind sie in Religionen, in der Medizin und im Wirtschaftssystem. Alle Menstruierenden sind von diesen immer noch währenden Strukturen betroffen und müssen in dieser Gesellschaft unter der fehlenden Akzeptanz ihres Körpers leiden. Deshalb müssen wir zusammen dagegenhalten und für eine offene und aufgeklärte Gesellschaft kämpfen, in der es Platz für Diversität und die Körperprozesse gibt, die unsere Menschheit ausmachen und uns ein Leben lang begleiten.

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September 13, 2021
Sophia lebt am Bodensee und studiert dort Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften. Sie saugt Informationen über den Menstruationszyklus auf wie ein (Menstruations-)schwamm und gibt sich große Mühe, ihre hier aufgeführten Tipps selbst zu berücksichtigen, auch wenn sie manchmal einer Tiefkühlpizza nicht widerstehen kann.

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